Die eisig-rauchige Wildnis von Borjomi

Goooooood Morning Vietnam! Ein neuer Tag, ein neuer Blogbeitrag! Ich bin gerade im Scout Center und gebe vor, mir ganz viele Gedanken zu unserem Halloween-Projekt zu machen. Die Scout school, eine Nachmittagsaktivität für Grundschulkinder aus der Umgebung findet ab jetzt jedes Wochenende statt und wir helfen natürlich auch mit.
Aber in diesem Blog gehts mit leichter Verspätung von knapp zwei Wochen um die große Bezwingung des kleinen Kaukasus von Anna, Charly, Jule, Maibritt, Swea und mir! Die Zeit vor der Tour hat es praktisch durchgehend hier geregnet, und es wurde merklich kälter. Kurze-Hosen-Zeit ist jetzt auch hier vorbei… Sobald der Regen vorbei war, haben wir unsere Tour gestartet. Interessanterweise planen die anderen gar nicht, nach Georgien noch jahrelang durch die Weltgeschichte zu tingeln, und hatten deshalb gar keine Ausrüstung wie z.B. Schlafsäcke dabei. Aber in solchen Situationen ist es natürlich gut, in nem Pfadfinderzentrum zu arbeiten, und wir konnten dort genug Winterschlafsäcke und Isomatten ausleihen. Auf Zelte haben wir von vorn-hinein direkt verzichtet. Nicht weil es warm bleiben würde (Eher im Gegenteil, nachts sollte es um 0 Grad kalt werden!), sondern weil man für umgerechnet 5€ nen Schalfplatz in kleinen Hütten mieten kann.

Am Tag der Abreise haben Anna und ich also besagte Schlafsäcke organisiert, die sich als deutlich sperriger kälter herausstellten als gedacht. Aber zusammengerollt als große Wurst konnte man alle zusammen an meinen Rucksack schnallen.
Außer Schlafsäcke brauchten wir natürlich auch noch anderen Kram. Ich hab noch meinen Kocher mitgenommen und wir haben auf dem Weg noch massig Trockenfrüchte, Reis und Nudeln eingekauft. Hier ist mir aufgefallen, dass ich kein Geld mitgenommen hatte, ich würde also meiner Mitbewohnerin Anna den ganzen Urlaub auf der Tasche liegen – danke dir dafür nochmal!

So eingedeckt gings dann auch schon nach Tiblisi, genauer gesagt zum ZOB, wo wir dann zusammen mit Maibritt und Swea eine Maschrutka nach Achalziche nahmen. Dort angekommen, konnten wir eine letzte Nacht im Warmen verbringen, das Allgemeingepäck aufteilen und dann gings auch schon los in den Nationalpark!

Motiviert wie wir waren haben wir im Vorraus ne ziemlich optimistische Strecke ausgesucht, die erste Etappe mit ca. 15km und 1100 Höhenmetern hat uns dann schon ziemlich gefordert. Anfangs hat uns noch ein Niederländer begleitet, der hatte aber nur eineTagestour geplant und ist dann irgendwann abgebogen.
Kurz danach kamen wir zu dem einstimmigen Schluss, dass ab jetzt deutlich mehr Pausen gemacht werden müssten. Während einer dieser Pausen fand Charly dann ein Handy, was zu unserer Verwunderung sogar noch Akku hatte. Außer des Niederländers hatten wir bis jetzt noch keine anderen Touristen gesehen. Das Handy hatte keine Sperre, und mithilfe vom Google Übersetzer konnten wir herausfinden, dass es einer Litauerin gehört.
Wer hätte es gedacht, als wir abends an der Hütte ankamen, war dort grade eine Gruppe Litauer damit beschäftigt, ihr Abendessen zuzubereiten und den Ofen drinnen ordentlich einzuheizen. So konnten wir das Handy auch wieder an seine Besitzerin zurückgeben.
Danach haben wir uns auch ums Essen gekümmert. Ich selbst hatte mir irgendwas eingefangen, meine Lunge hat gekratzt (riechen konnte ich fantastisch, kein Corona) und ich war auch vom Wandern sehr erschöpft. So bin ich ziemlich schnell schalafen gegangen.
Es war eine sehr warme Nacht, dank eines Litauers, der die ganze nacht fröstelnd vorm Ofen saß und eifrtig nachlegte. Trotz der erholsamen Nacht hatten immernoch ich und ein paar andere Wehwehchen vom Vortag, deshalb haben wir uns entschieden, die Tour etwas kürzer zu fassen und nur einen Tagesausflug zum Gipfel zu machen. So könnte man das schwere Gepäck an der Hütte lassen. Die Litauer hatten übrigens genau das Gleiche vor und sich dann auch für die Tagestour entschieden. So sind wir auf den Berg gewandert und haben eine Kirche auf einem weiteren Gipfel angeschaut. Neben der Kirche lag noch etwas altes Bauholz, und da in der letzten Nacht das gesamte kleine, trockene Holz aufgebraucht wurde, haben wir uns dazu entschieden, davon jeder etwas mitzunehmen. Außerdem war das Bauholz kürzer und passte so besser in den Ofen.
Während wir weg waren, ist ein belgisches Pärchen zur Hütte gekommen. Aus ihrer Sicht müssen wir echt komisch gewirkt haben, denn wir kamen auf sie zu, mit Holz beladen, während sie auf einem Haufen Ästen saßen, die man auch hätte verbrennen können. Dazu hatten wir uns überlegt, den Feuerstahl von Jule und Charly auszuprobieren und damit das Feuer zu starten. Wir haben uns nicht gerade geschickt angestellt. Als uns der Belgier ein Feuerzeug anbieten wollte, hat er gesehen, dass wir auch eins direkt neben uns liegen hatten. Abends haben wir dann noch ein Rätselspiel gespielt (Drachentöten). Die beiden hatten von so einer Art Rätsel noch nie gehört und es auch nach der Auflösung nicht wirklich verstanden, geschweigedenn Spaß dran gefunden. Als es dann ans Schlafplatz aussuchen ging, empfahlen wir den beiden, die oberen der Doppelbetten zu belegen, aus der letzten Nacht wussten wir, dass es dort nochmal wärmer war als unten. Der Ofen brannt noch nicht so wirklich gut und so hatte ich mich dazu bereit erklärt, etwas länger wach zu bleiben und nachzulegen. Außerdem war grade ne neue Folge ZDF-Magazin-Royale erschienen und die wollte ich mir noch anschauen (undenkbar in Deutschland, aber hier hat man natürlich auch in ner Hütte im Wald Internetemfang). Um die Äste von draußen zu trocknen habe ich diese irgendwann auf den Ofen gelegt, tagsüber war der nie wirklich heiß gewesen. Jetzt aber, mit ordentlich Feuer fingen die Äste an, zu schmoren. In der Dunkelheit hab ich den Rauch etwas spät gesehen und als ich die Fenster aufmachte waren die Belgier schon wach und sind panisch in die unteren Betten umgezogen. Ich glaub spätestens dann haben sie uns für völlig verrückt gehalten. Ich hab mich danach dann auch schlafen gelegt – lieber ohne Feuer als mit Rauch.
Am nächsten Tag gings dann zum Abstieg. Ehrlich gesagt hatte ich nicht mehr viel von diesem Tag erwartet, wir würden hauptsächlich den gleichen Weg zurück gehen und dann nach Hause fahren. Aber die Strecke, die wir noch nicht kannten, entpuppte sich als richtig schön! Nach einem recht steilen Abstieg fühlte ich mich wie im Land der Gebrüder Löwenherz: Ein lang gezogenes Tal, mit von Tieren kurz gefressenem Rasen und malerischen Klippen und Bergen ringsherum! Dazu kommt natürlich immer, dass wir paktisch alleine unterwegs waren und so die Natur richtig genießen konnten. Am Ende des Tals saßen drei georgische Pilzsammler, die uns direkt zum Essen eingeladen haben. So haben wir unseren Reis mit etwas Gemüse mit ihren Eiern, Käse, ChaCha. Quitten, Pilzen und Äpfeln geteilt. Natürlich gings danach nicht einfach nach Hause sondern mit zu den Georgiern zum Abendessen!
Hier konnten wir dann nochmal Khinkali, Kartoffeln und selbstgemachten Wein oder Kompott schlemmen. Auf dem Rückweg mussten wir per Anhalter fahren, weil es schon spät war und wurden alle nach ca. 10 Minuten mitgenommen (Ich trampe ab jetzt glaub ich nur noch in Begleitung von Frauen) und als hätte der Tag nicht schön genug sein können, hat uns zuhause in Achalziche ein Nachbar noch selbstgemachtes Khatchapuri und Käuter der Region geschenkt.

So, das war der Borjomi-Blog! Ich werd versuchen, wieder öfter zu berichten! Der Alltag ist hier auch mittlerweile durch die Scout School interessanter geworden und zurzeit ist auch eine Gruppe Letten und Finnen im Scout Center, mit denen wir auch manchmal etwas unternehmen. Ich werde jetzt zu nem Weintasting nach Tbilisi fahren, bis zum nächsten Bericht!