Lost in Translation – ein Verhörer

6. September 2023 12 By Anton Gruber

oder wie Henrik sagen würde: Mal wieder so ne richtige Anton-Aktion!

Ich weiß nicht, we von euch alles den Film kennt, aber in Lost in Translation spielt Tom Hanks nen Typen auf Geschäftsreise in Asien, der absolut kein Wort versteht. Ganz so schlimm ist es bei mir mit dem Spanisch mittlerweile nicht mehr, allerdings habe ich immernoch manchmal so meine Schwierigkeiten, grade wenn jemand schnell spricht oder einen Akzent hat. Meistens versteht man aber durch die Gestik und dem Umstand schon recht schnell was jemand von einem will. Wenn ein Verkäufer zuerst auf seinen Fisch deutet und anschließend ne fünf mit seiner Hand zeigt, kann ich ziemlich entspannt mit einem “Si, Si!” oder “Vale, bien” den Fisch für 5 Dollar pro Kilo kaufen – egal wie schnell er gesprochen hat. Dieses falsche Selbstbewusstsein ist mir aber auf einer kleinen Reise nach Costa Rica vor einigen Monaten zum Verhängnis geworden.

Ich arbeitete zu dem Zeitpunkt noch auf der “Sea Diamond”, dem Segelschiff auf dem ich die letzten 4 Monate war. Leider wurde mir zuvor mein Pass geklaut und die nächste Botschaft, die einen neuen ausstellen kann liegt nunmal in San Jose, Costa Rica. Also bin ich für ein verlängertes Wochenende mal rübergetrampt, um dort einen Neuen zu beantragen. Die Botschaft ist dort echt entspannt. Im Vergleich zu der in Panama City hatten die dort überhaupt kein Problem damit, mir einen Zweitpass auszustellen (Durch die Reise finde ich es superpraktisch, zwei Pässe zu haben, dadurch kann man sich immernoch ausweisen wenn einer davon grade in einer Botschaft für ein Visa liegt oder – wie in diesem Fall – geklaut wurde). Auch nachdem das Standesamt in Henstedt-Ulzburg mich anrief und meinte, dass ich keinen Zweitpass mehr haben darf erst recht nicht mit einer deutschen Meldeadresse (bin ja seit mehr als 6 Monaten im Ausland), kam von San Jose nur die Antwort “Huch, das wussten wir nicht, die zwei Pässe sind schon gedruckt und aufm Weg zu uns, naja passt schon”.
Ich schweife ab. Hoffentlich liest diesen Blog niemand vom Standesamt Henstedt-Ulzburg (Mama, ich hoffe, du hast nicht ALL zu viel Werbung dort gemacht 😉 Denn es geht ja eigentlich um das kleine Missverständnis auf Spanisch.
Ich war durch diese wirklich äußerst entspannte Bürokratie in San Jose schon viel früher durch mit meinem Termin als gedacht und hatte noch ein paar Stunden Zeit, bis ich mich auf den Rückweg nach Panama machen würde. Perfekt, um mal nachzuschauen ob man sich hier vielleicht ne neue Dauerwelle machen kann. Denn in Panama gibts nur sehr wenige Friseure die das machen und dann ist das auch noch recht teuer. Ich hatte Glück und fand schnell einen Salon der einen Termin frei hatte. Dort angekommen begrüßte mich der Friseur und ich erklärte ihm in meinem mittelguten Spanisch, was ich mir vorstellte: Einen Haarschnitt (span. Corte) und eine Dauerwelle (Rizos). “Ahh si claro, un corte y lizos” sagte der Friseur, der übrigens sehr asiatisch aussah. Ähnlich wie die türkische Einwanderwelle in Deutschland, kamen vor ein paar Jahrzehnten viele Chinesen nach Zentralamerika um dort zu arbeiten. Daher dachte ich mir nichts dabei, dass er “Lizos” und nicht “Rizos” sagte – vermutlich hat er einfach Schwierigkeiten mit der Aussprache. Als alles geklärt war, gings los – Brille ab, Haare waschen und die Lockenprozedur, nur war diese ganz anders als ich sie sonst gewohnt war. Ich habe mehrmals nachgefragt ob er jetzt die Rizos macht – “Si Si, Hacemos Lizos“.

Als er dann gegen Ende ein Glätteisen in die Steckdose steckte, wurde mir mulmig – das konnte ganz sicher nicht gut für Locken sein. Also googlete ich hastig ein paar Bilder mit Locken, um ihm nochmals klarzumachen, was ich wollte. Das hätte ich deutlich früher machen sollen. Wie es sich herrausstellte, haben Menschen aus zweiter EinwanderInnengeneration (natürlich) keinen großen Akzent mehr und “Lizos” steht für “Glätten”. Und zwar so RICHTIG glatt! So mit Chemie, Kreatin und dass die Haare danach glänzen weil sie alle so einheitlich nebeneinander liegen. Ich bin mir nicht sicher, aber ich glaube dass ist neben einer Glatze das exakte Gegenteil zu den Locken die ich haben wollte.

Der Friseur war mindestens genauso niedergeschmettert wie ich und versuchte, das Ganze zu retten, ohne Erfolg. Er versicherte mir voher nur die besten Produkte zu verwenden und die hielten, was sie versprachen: Selbst nach zwei weiteren Stunden im Salon, in der er mir eine echte Dauerwelle machen wollte, blieben meine Haare schnurstraks grade. Die Schuld lag hier natürlich nicht bei ihm und ich versicherte ihm, dass ich ihm nicht böse war und keine schlechte Google-Rezension schreiben würde (Ich glaube das war seine größte Angst).

Mit einer Gratisflasche Lockenshampoo (welches natürlich auch keine Wunder bewirken konnte) gings für mich zurück nach Panama. Dort sagten mir alle Friseure, dass eine solche Kreatinkur mindestens 3 Monate hält und man nichts machen könne. Meine Friseurin in Deutschland brach auch nur ins Lachen aus als meine Mutter ihr die Geschichte erzählte. “Abschneiden” war ihre Antwort.

Das Ganze ist jetzt mittlerweile 3 Monate her und ich trauere immernoch meinen Locken nach. Morgen habe ich allerdings einen neuen Friseurtermin. Der Friseur ist diesmal ausführlich von mir und einer panamenischen Freundin gebrieft worden, hat diverse Referenzbilder und weiß von meinem Unfall in Costa Rica. Er wirkt ziemlich optimistisch! Ich werde natürlich berichten!

Ich finde die Geschichte ziemlich witzig. Selbst wenn es am Ende nie wieder Locken werden sind es nur die Haare und nichts Schlimmeres. Ein bisschen bin ich überrascht, dass Worte so ähnlich klingen und genau das Gegenteil bedeuten können und frage mich, wieviele vor mir schon in die gleiche Falle getappt sind.
Übrigens! Vor einem Monat habe ich meinen Job auf dem Boot gekündigt und bin nochmal nach Costa Rica gefahren, auf einem Urlaubstrip zusammen mit Angie, einer französisch-panamenischen Seglerin, mit der ich jetzt seit einiger Zeit zusammen bin. Aber dazu dann mehr im nächsten Blog!

Das neue Resultat, seit gestern wieder flockig!